Laurence hatte den letzten Reiter sehenstlich erwartet und war heilfroh, als er ihn endlich erblickte. Damit waren alle heil zurückgekehrt. Er lauschte seinem Bericht und stieg dann auf den großen gefällten Baumstamm, der ihm als Bühne diente, um zu seinen bereits versammelten Männern zu sprechen.
"Männer, soeben ist der letzte unserer Kundschafter eingetroffen und er hat uns gute Nachrichten überbracht. Auch er hat kein englisches Heer entdecken können."
"Warum schlagen wir dann ich gleich los? Das hätten wir schon viel früher tun sollen!"
Die Männer machten ihrem Unmut Luft. Sie hatten das Warten satt.
Laurence verschaffte sich wieder Gehör:"ES REICHT! Ihr habt mich zu eurem Anführer gewählt. Nicht weil ich der Stärkste von euch bin, nicht weil ich der Älteste bin, nicht weil ich der Adligste bin, nicht weil ich der Reichste von euch bin, sondern weil ihr meine Besonnenheit und Erfahrung schätzt!"
Er war wütend, er hatte es seinen Männern schon so oft erklärt, doch immer wieder kamen sie auf die gleichen dummen Gedanken.
"Ich für meinen Teil habe nicht vor, dass unser Schicksal das gleiche ist, wie das schon so vieler, die sich gegen diese räudigen Engländer erhoben haben. Sie haben sich blindlings aufgemacht, hatten anfangs vielleicht noch Erfolg und wurden dann dennoch geschlagen, alles wegen ihrer Unbesonnenheit. Ich habe euch in die Wälder geführt, damit wir unbemerkt bleiben. Ich habe euch verboten zu plündern, damit wir unbemerkt bleiben. Ihr musstet warten und unauffällig Vorräte sammeln. Ich weis, wie sehr euch tapferen Männern dieses Versteckspiel zuwider ist, doch war es notwendig. Wir mussten den richtigen Zeitpunkt abwarten.
Jetzt sind wir mit allem Nötigen versorgt, jetzt haben wir Gewissheit, dass uns nur die spärliche Garnison von Downpatrick gegenübersteht und kein englisches Heer in der Nähe ist. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen. Jetzt werden ich nach Downpatrick ziehen!"
Er machte eine kurze Pause, dann rief er so laut er konnte:"WERDET IHR MIT MIR ZIEHEN?!"
Die Männer jubelten zustimmend und schlugen gegen ihre Schilde. Laurence war froh, er hatte die Meute unter Kontrolle halten können. Das war nicht selbstverständlich gewesen, grade weil so viele verschiedene Männer beisammen waren. Da waren einfache Bauern, verarmte irische Adlige, Schotten, Diebe, Taugenichtse. Sie alle vereinte im Prinzip nur eines: der Hass auf die Engländer.
Nun war endlich die Zeit gekommen. Laurence gab die entsprechenden Befehle und so marschierten sie nach Downpatrick....

[Im Spiel: Rebellenarmee belagert Downpatrick]

Laurence war gerade mit einigen seiner Männer am Essen, als eine der Lagerwachen, ein junger Bursche zu ihm trat.
"Herr, die Engländer sind da."
Sofort wurde es still am Tisch, manche sprangen auf und suchten ihre Waffen. Laurence wirkte ebenfalls etwas überrascht, doch sein älterer Sitznachbar, der erkannt hatte, dass der Junge sicherlich um einiges aufgeregter und hastiger wäre, wenn wirklich Feinde anmarschieren sollten, lachte nur:"Junge, erschrecke uns doch nicht so! Du meinst sicher diesen englischen Rebellen Rufus?"
Der Junge war des von ihm ausgelösten Tumults wegen sichtlich schockiert gewesen und stammelte nur:" J-ja n natürlich m meinte ich den Rebellen. D danke!"
Jetzt mussten alle Tischgenossen, Laurence eingeschlossen, lachen.
"Bring den Mann zu uns!"
Wenig später traf Rufus in Begleitung seiner Frau und zweier seiner Männer ein. Die meisten hatten inzwischen ihr Essen beendet. Nur der ältere Veteran neben Laurence ass noch.
Rufus stellte sich auf Irisch vor:"Seid gegrüßt! Ich bin Rufus Malbanks. Ihr müsst Laurence O’Callaghan sein?"
Er war erleichtert, dass ihm dieser Satz so gut über die Lippen gekommen war. Den ganzen Weg vom Fischerdorf hier her hatte er ihn immer wieder geübt und sich von den Iren, die ihn führten immer wieder korrigieren lassen, wenn er etwas falsch aussprach. Rufus hatte erst in Irland angefangen Irisch zu lernen und war schon etwas stolz, dass es ihm relativ gut gelang. Seine Männer hatten da deutlich mehr Probleme und mussten sich immer einen Iren suchen, der Englisch sprechen konnte.
Laurence antwortete ebenfalls auf Irisch:"Ja der bin ich. Ich habe viel von euch gehört Rufus. Die Küstenbevölkerung lobt euch für eure Großzügigkeit und die englischen Händler, die wir gefangen haben, verfluchen euren Namen. Stimmt es wirklich, dass es euch gelungen ist Chester zu erobern, zu plündern und dann zu fliehen, bevor sie euch fassen konnten?"
Rufus war überfordert. Er hatte zwar einige bekannte Worte gehört, doch nur wenig verstanden. Liane griff rettend ein.
"Ja, all dies ist wahr, was ihr sprecht. Doch bitten wir euch darum uns unser noch mangelhaftes Irisch zu verzeihen und auf das Englische zu wechseln, sodass wir keinen Übersetzer benötigen."
Rufus machte große Augen und sah zu Liane. Hatte sie etwa gerade im perfekten Irisch für ihn geantwortet? Er wusste, dass sie fließend Fanzösiche beherrschte. Konnte sie etwa auch Irisch? Er war sichtlich überrascht, doch nun fiel es ihm wieder ein: seit sie an der Küste angekommen waren, hatte sie stets den Kontakt mit den Iren gesucht und sich vermutlich bemüht so viel Irisch zu lernen wie es möglich war. Kein Wunder, dass sie so gut mit den einfachen Iren auskam. Sie fühlten sich geschmeichelt, dass eine englische Adlige ihre Sprache lernen wollte und nicht hochnäsig darauf bestand, dass man mit ihr Englisch oder Französisch redete.
Laurence lachte kurz und fuhr auf Englisch fort:"Nun gut. Ihr seid ja noch nicht lange auf dieser schönen Insel und ich denke wir wollen euch diesen Mangeln nachsehen, offenbar bemüht ihr euch ihn abzustellen."
Rufus fasste sich wieder:"Ich danke euch dafür!"
"Was führt euch hier her, Rufus?"
"Der Wille zum Überleben! Ich habe mir durch Zwang meine Landsleute zu erbitterten Feinden gemacht und wenn sie mich fangen sollten, werden sie mich sicher aufknüpfen. Daher hielt ich es für das Beste mich nach den Feinden Englands umzusehen und so stehe ich hier. Ihr könnt doch sicher noch den ein oder anderen starken Arm gebrauchen?"
"Das ist allerdings war, ich kann jeden Mann bei der Eroberung Downpatricks gebrauchen und ihr scheint erfahren in der Eroberung von Städten zu sein."
"Es ist mir zumindest schon einmal gelungen", gab Rufus zurück.
"Was sagt ihr dann zu unseren Bemühungen?"
"Nun, ich habe sie mir noch nicht ausgiebig ansehen können, doch es scheint ihr habt die Stadt vollständig umschlossen. Hat der Befehlshaber denn schon zu euch Kontakt aufgenommen?"
"Nein, wir warten schon seit wir hier sind darauf. Wieso fragt ihr?"
Rufus lächelte:"Weil das ein günstiges Vorzeichen sein dürfte."
Laurence war neugierig:"Erklärt es mir!"
"Da wir davon ausgehen können, dass sie längst einen Ausfall unternommen hätten, wenn sie sich euch eben-würdig fühlen sollten, und eure Späher ein Entsatzheer ebenfalls ausschließen, bedeutet dies, dass sie sich innerhalb der Mauern nicht recht sind. Offenbar fehlt ihnen ein adliger Anführer. Ihr hab die Begebenheiten vorher doch sicher ausgekundschaftet?"
"Das stimmt, unseren Informationen nach befindet sich kein Engländer von Rang in der Stadt. Wir haben diesen Moment extra abgepasst."
"Sehr gut, dann vermute ich das der Garnisonskommandant entweder abwesend oder noch kein neuer eingesetzt wurde. Sein Stellvertreter scheint sich nicht recht durchzusetzen, denn sonst hätte er längst verlangt mit euch zu sprechen. Zumindest um euch zu drohen."
"Das leuchtet ein."
"Seid ihr bereit die Stadt anzugreifen?"
"Die meisten Sturmleitern sind bereits fertig."
"Was hält euch dann vom Angriff ab?"
"Ich erwarte noch Verstärkung. Jeden Tag laufen uns mehr Bauern zu."
"Ihr solltet nicht mehr warten. Die Verteidiger scheinen mir ohnehin demoralisiert.
Ich schlage euch vor morgen bei Sonnenaufgang anzugreifen. Am besten mit der Hauptmacht von Osten, dann blendet sie das Morgenlicht. Der Rest eurer Truppen greift dann im Süden an, weil sie euch dort am wenigsten vermuten werden und sich alle ohnehin auf den Osten konzentrieren."
Der kühne Vorschlag sorgte für Getuschel unter den Iren und Laurence überlegte reiflich. Alles war Rufus sagte machte Sinn. Warten bracht ihm zwar mehr Männer ein, sorgte jedoch auch dafür, dass seine Vorräte schneller zur Neige gingen. Dazu hatte er mit Rufus gut gerüsteten Rittern eine deutliche Wertsteigerung seiner Truppen erfahren. Soweit er wusste war in Downpatrick keine nennenswerte Anzahl an gut gerüsteten Soldaten stationiert. Viele seiner Männer drängten ohnehin schon auf einen Angriff.
Rufus wartete geduldig, bis Laurence endlich seine Antwort gab:"So soll es sein! Ich werde morgen mit euch darum wetteifern, wer von uns zuerst die Mauer erklimmt!"

Rufus hatte zwar auf Englisch den Angriff seiner Männer eröffnet, doch brauchten die Iren keine Übersetzung, um zu verstehen, was er gesagt hatte. Sie stürmten mit den Leitern auf den Schultern vor. Rufus und seine Männer hatten zwar schwere Rüstungen, allerdings einen kleinen Vorsprung. Die Bogenschützen auf der Mauer waren offenbar nicht sonderlich kriegserfahren, denn sie schossen ihre erste Salve auf Rufus und seine Männer. Was diese nicht mit ihren Schilden abfingen, prallte an den Helmen und Schulterplatten ab. Die erste Salve hatte also praktisch keinen Effekt, wodurch offenbar leichte Panik unter den Bogenschützen entstand: Sie schossen nun nicht mehr gemeinsam in Salven, sondern undiszipliniert jeder so schnell er konnte. Das war gut für Laurence und seine Männer, denn zum einen schossen sie weiterhin wahllos auf Rufus' Männer und zum andern blieb die Demoralisierung aus, die ein geschlossener Pfeilhagel mit seinen vielen Verwundeten auf einmal unter den Männern verursachte.
Die Iren überholten schließlich Rufus und waren als erste an der Mauer. Diejenigen, die keine Leiter trugen drückten sich dicht an diese, um es den Bogenschützen schwer zu machen. Gleichzeitig eröffnete alles was auf Seite der Angreifer Fernkampfwaffen besaß den Beschuss auf die Verteidiger, damit die anderen unter Deckung die Leitern aufstellen und erklimmen konnten.
Die leichten Ceitherne machten sich als erste daran die Mauer zu erklimmen und Laurence tat es ihnen gleich. Sie waren nicht nur schneller, sondern durch ihre Holzschilde auch besser geschützt als die Galloglaigh und die Claiomh-Mór schwingenden Ulsters, welche sich erst nach und nach auf den Weg nach oben machten. Am besten hatten es Rufus und seine Männer. Die beiden Leitern waren stark genug, um auch das Gewicht ihrer Rüstungen zu tragen und sie waren durch diese und ihre Schilde bestens geschützt. Laurence hatte es nicht geschafft als erster auf seine Leiter zu steigen, doch wurde der Mann vor ihm auf der Mauerkrone durch einen Speerstich getötet und fiel herab. Laurence duckte sich an die Leiter, damit er nicht hinab gerissen wurde. Dabei sah er nach neben wie Rufus, sich mit seinem Schilde schützend, gerade auf den Wehrgang sprang.
"Verdammt, dann stehe ich doch tatsächlich diesem englischen Bastard nach!" fluchte er schnell und warf sich nun mit Ingrimm selbst nach oben und stieß dabei gleich zwei Engländer nach hinten, welche rückwärts von der Mauer fielen, welche auf der Innenseite keine Brustwehr hatte. Jetzt wäre er tot gewesen, wenn nicht gleich neben ihm ein weiterer Ire die Mauer erklommen hätte, der den Pfeil, welcher genau auf Laurence gezielt hatte, abbekam. Immer mehr Iren erstiegen die Mauer und konnten sich einen Brückenkopf auf dem schmalen Wehrgang erkämpfen. Endlich kammen auch die ersten Ulsters und Galloglaigh auf den Mauer an und schlugen mit ihren mächtigen Äxten und Schwertern auf die mit Schild und Speer bewaffneten Engländer ein. Die Bogenschützen hatten sich auf die Türme, welche die Mauer immer wieder unterbrachen und verstärkten, geflüchtet und schossen nun von der erhöhten Position aus. Da sie jetzt recht nah waren konnten sie mit etwas Glück auch die Rüstungen von Rufus' Männern durchschlagen.
Rufus brüllte Laurence zu:"WIR MÜSSEN DIE TÜRME BEIM TOR EROBERN, SONST HALTEN SIE UND HIER NOCH EWIG FEST!"
Laurence gab zurück:"ICH ERLEDIGE DAS!"
Er schnappte sich alle Ulsters, die um ihn standen und erhöhte den Druck nach links, Richtung Tor. Rufus folgte ihm mit seinen Männern, während der Rest der Iren die Engländer auf der anderen Seite festhielt. Die bemerkten nun was los war und zogen sich schleunigst zum nächsten Turm zurück, um von dort nach unten auf die Straße zu gelangen und das Torhaus zu verstärken. Doch kamen sie nicht rechtzeitig an und verloren so auch noch den Turm. Ein ganzer Mauerabschnitt und das Tor war nun in der Gewalt der Iren. Sie öffneten das Tor, sodass alle, die noch draußen waren, nicht noch über die Leiter klettern mussten und strömten mit diesen in die Stadt. Die Engländer zogen sich schleunigst bis zum Markplatz zurück, wo sie sich ihnen in einem geschlossenen Speerwall entgegenstellten. Hier kämpften sie äußerst tapfer und selbst die Galloglaigh und Ulsters konnten ihre Linie nicht brechen. Die meisten waren ohnehin schon stark erschöpft und Rufus' Männer mussten sich in die Straßen zurückziehen, wo sie im Schatten versuchten wieder abzukühlen. Die Iren zogen sich ebenfalls ein Stück zurück, um zu verschnaufen. Laurence merkte, dass seinen Männern der Mut schwandt und feuerte seine Männer mit Rufen und Ermutigungen an:"KOMMT SCHON, WIR HABEN SIE AN DER MAUER SCHON EINMAL GESCHLAGEN! DAS SCHAFFEN WIR AUCH HIER!" Dabei griff er einen Speer und warf in mit allem Zorn, den er in sich hatte auf den feindlichen Schildwall. Tatsächlich traf er und strecke einen der Engländer nieder. Danach stürmte er mit lauten Gebrüll wieder in den Kampf und die Iren mit ihm. Er warf sich mit voller Wucht genau dorthin, wo sein Speer eingeschlagen war und mit dem Druck von hinten schaffte er es die Schilde der Engländer auseinander zu werfen. Einem der gestürzten Engländer trat er auf den Schild, sodass dieser sich nicht erheben konnte, dem nächsten schlug er seine Axt ins Gesicht. Dann hörte er vor sich erneutes Kriegsgeschrei: Die andere Attacke war ebenfalls erfolgreich gewesen und fiel den Engländern nun in den Rücken. Damit wähnte Laurence die Schlacht schon gewonnen.
Er stieß seine Axt in die Luft und einen Jubelschrei aus, als ihm ein stechender Schmerz in seiner linken Seite gewahr wurde. Ungläubig blickte er nach unten: Der Engländer auf dessen Schild er getreten war, sah ihn grimmig an. Er hatte ihm seinen gebrochenen Speer aufwärts unter den Rippen durch hoch in den Brustkorb gerammt.
Röchelnd ging Laurence zu Boden...