„Gut, ruht Euch aus. Ich muss morgen auch noch viel erledigen. Gute Nacht!“, verbeugte sich der Kronprinz.

Ein englischer Adliger erreichte an einem regnerischen Morgen die Tore von Kirkwall. Er wurde von wenigen Rittern und mehreren Packtieren begleitet. Bevor die Wachen am Tor ihn fragen konnten, wer er sei, verkündete er: "Mein Name ist Robert Walerand, Gesandter Henrys des Dritten, des Königs von England. Mir wurde aufgetragen, den Kronprinzen Magnus Håkonsson zu sprechen."

"Magnus Hakonsson befindet sich gerade nicht in Kirkwall. Er ist immer noch auf Arran, wo er bei wichtigen diversen Bauprojekten involviert ist, da der vorherige adelige Verwalter die Steuereinnahmen veruntreut hat. Das habe ich vom Hauptmann der Wache erfahren, als Magnus vor einigen Wochen abgereist war. Wollen Sie ihm stattdessen eine schriftliche Nachricht übermitteln?", fragte der eine Wachmann.

Robert blickte die Wache verständnisvoll an. Es wurde auch nicht einfacher, gutes Verwaltungspersonal zu finden. "Verzeihung, aber dazu ist die Angelegenheit zu dringlich. Falls der Jarl anwesend ist und die Befugnis besitzt, über die Belange der Britischen Inseln zu verhandeln, möchte ich mich gerne bei ihm anmelden lassen."

„Natürlich, hier entlang. Ich bringe Sie zum Jarl Magnus.“, kam die Wache ihm entgegen und eskortierte Robert zum Anwesen des Jarls, das erkennbar grösser war als die gewöhnlichen Häuser Kirkwalls. Die Wache tauschte sich am Haupteinang mit der anderen Wache des Jarls aus und gab das Einverständnis, das Anwesen zu betreten. Die andere Wache brachte den Gesandten in die grosse Stube, wo bereits der Jarl an einem grossen Holztisch sass und mit seiner Feder fleissig Dokumente bearbeitete. Als er Robert erblickte, stand er auf und verbeugte sich: „Willkommen in Kirkwall, Engländer! Wie heisst Ihr und was führt Euch zu mir ganz hoch in den Norden?“

Robert verneigte sich seinerseits vor dem Jarl von Norðreyar und verharrte kurz mit gesenktem Haupt. "My Lord, ich fühle mich geehrt, von Euch empfangen zu werden, wenngleich es mich schmerzt, nicht dem Kronprinzen meine Aufwartung machen zu dürfen. Hoffentlich wird er in Bälde verrichteter Dinge auf Orkney zurückkehren können.
Mein Name ist Robert Walerand, und ich vertrete die englische Krone. Seine Majestät Henry beglückwünscht König Håkon - der Herr segne und behüte ihn - zu seinen Erfolgen in Thule und entbietet Euch seine wärmsten Grüsse.
Darf ich fragen, inwieweit Ihr über die jüngsten Vorkommnisse in Irland im Bilde seid?"

„Mit Verlaub, Neuigkeiten aus Irland habe ich keine vernommen. Gibt es Krieg oder streifen wieder Räuberbanden und Rebellen durch deren Lande? Braucht Ihr unsere militärische Hilfe?“, fragte der Jarl.

Robert dachte kurz nach, dann begann er zu erzählen: "Ich werde ehrlich mit euch sein: Die Dinge stehen nicht zum Besten in Irland. Doch wird es nicht lange dabei bleiben. Die verdammten Iren haben uns vor zwei Monaten überrascht, als wir gegen Aufständische zogen, die sich einer unserer Garnisonsstädte bemächtigt hatten. Ihre ehrlosen Stammeshäuptlinge haben es nicht für nötig befunden, eine Kriegserklärung auszusprechen wie zivilisierte Menschen.
Unsere Truppen in Irland sind ihnen unterlegen, allerdings hat das Königreich loyale Vasalen und genügend Mittel, mit Lästigkeiten wie Rebellionen fertig zu werden. Die einzige Sorge meines Königs ist, dass die Einberufung der Shire Levies in Nordengland die Grenze nach Schottland blosslegt, die in der Vergangenheit schon oft von gälischen Plünderern heimgesucht wurde.
Wir wissen um die Freundschaft Norwegens mit Alexander, daher möchte ich Euch ein Verteidigungsbündnis vorschlagen. Überdies erscheint uns der Aufbau von Handelsbeziehungen eine vielversprechende Möglichkeit, um die Beziehungen zwischen Norwegen und England aufrechtzuerhalten."

"Aufgrund unserer Freundschaft mit Schottland möchte ich im Namen der norwegischen Krone kein Verteidigungsbündnis mit England gegen Alexander eingehen. Prinz Magnus würde das genauso sehen. Handelsbeziehungen aufzunehmen, liegt auch im Interesse Norwegens. Darüber können wir sehr gerne diskutieren, denn dadurch könnten beide Königreiche voneinander profitieren, besonders vom Seehandel, wobei ich da ein bisschen unsicher bin aufgrund von gehäuften Piratenüberfällen auf diverse Schiffe. Falls die Englische Krone den sicheren Seehandel mit uns gewährleisten kann, wären wir sehr dankbar."

Robert Walerand überlegte einen Moment und gab seine Antwort mit wohl gewählten Worten: „Der Handel über das Meer ist gegenwärtig mit viel zu hohen Risiken verbunden , da stimme ich mit Euch überein. Sind diesen Winter nicht auch norwegische Schiffe von den Seeräubern aufgebracht worden? Ich vernahm, dass die Besatzung in Irland gestrandet sei - Gott sei ihnen gnädig. Konnten sie die Boote inzwischen wieder flottmachen?

Jedenfalls“, fuhr Robert fort, ist die Beseitigung dieser Piraten von hervorragender Bedeutung für England und die Zukunft der englisch-norwegischen Beziehungen.
Ich verstehe auch Eure Rücksichtnahme auf den schottischen König, dass Ihr dieses Abkommen so sorgfältig beachtet, gereicht Euch zur Ehre.
Doch auch wenn Ihr einem Beistandspakt ablehnend gegenübersteht, wollen wir doch in unserer Vereinbarung eine Klausel einfügen, die auch in Zukunft den Frieden zwischen England und Norwegen sichern wird“, schlug Robert vor.

„Betreffend der norwegischen Schiffe habe ich vom letzten Boten heute Morgen vernommen, dass leider alle unsere Schiffe im Bereiche der britannischen Inseln versenkt wurden. Prinz Magnus war mit einer Streitmacht unterwegs, die er in norwegisches Hoheitsgebiet hätte zurückbringen sollen, aber glücklicherweise sind sie auf Irland gestrandet und haben Fuss gefasst. Der nächste Bote wird sicherlich neue Mitteilungen bringen. Um auf Eure Klausel zurückzukommen: Dem wäre ich bzw. die Krone nicht abgeneigt. Das können wir nachher noch in schriftlicher Form ausformulieren.“, sagte der Jarl.

Ein Kontingent englischer Ritter in schweren Kettenhemden kam gegen Abend von Süden her nach Downpatrick. Die Stadt war von den Kämpfen gezeichnet. Ein Kirchturm nahe dem Tor, das die Reiter nun ansteuerten, war niedergebrannt, ebenso mehrere Häuser in seiner Umgebung. Viele Einwohner hatten ihren Wohnort verlassen, um in den Bergen oder im königlichen Trim Castle Zuflucht zu suchen, daher waren nur notdürftige Reparaturarbeiten ausgeführt worden. Viele Bürger, die ihr Obdach verloren hatten, sind einfach in eines der leerstehenden Nachbarhäuser gezogen. Insgesamt bot die einst blühende Siedlung einen trostlosen Anblick.

Der Anführer der Reiterschar erkannte als Erster das Ausmass der Zerstörung und stieg einige Yards vor dem Torbogen von seinem Pferd, um sich zu bekreuzigen. Dann führte er sein Reittier am Zügel bis zur Unterkunft der kleinen Garnison, zu der ihn einige Männer aus dem Ort wiesen. Flankiert von zweien seiner Begleiter drang Fromund zu deren Kommandanten vor und gab sich zu erkennen. „Seid Ihr Rufus Malbanks? Dann seid Ihr festgenommen, im Namen Gottes und der Krone Englands. Euer schändliches Treiben hat heute ein Ende, Ihr könnt Euch glücklich schätzen, wenn Ihr mit dem Leben davonkommt.

Die Kunde von der Kapitulation der Iren wird Euch bereits erreicht haben. Wir lassen einmal mehr christliche Milde walten: Eure Männer haben einen Tag Zeit, die Stadt zu verlassen, danach wird jeder, den wir bewaffnet antreffen, seinem Schöpfer gegenübertreten.“

Ragnvald, sichtlich schwerst verwirrt, schüttelte den Kopf und sprach in einem norwegischen Akzent auf Englisch: "Ich bin nicht Rufus Malbanks. Sein Kopf, durch mich abgetrennt, ist dort auf dem Tisch in dem offenen Korb. Ich bin Ragnvald, norwegischer General, der mit Prinz Magnus, seit wenigen Tagen König Magnus, durch Piratenschiffe an die irische Küste vor wenigen Wochen gedrängt wurde, als unsere Flotte komplett versenkt wurde. Wir nahmen an den aufständischen Iren in Downpatrick grausame Rache, da sie den Piraten Zuflucht im Hafen und in der Stadt gewährten und mit ihnen kollaborierten. Mein König zog weiter gen Man, um die restlichen Rebellen zu vernichten. Bisher aber erhielt ich vom letzten Boten die Kunde, dass Kapitulationsverhandlungen zwischen den Rebellen und Norwegern stattfinden. Zurzeit sind wir am Wiederaufbau der Stadt beschäftigt. Die Bevölkerung ist uns wohlgesonnen und langsam herrscht wieder ein normales Treiben in den Strassen und Gassen. Deshalb bitte ich Euch, Eure Stimme zu senken und mit mir zu verhandeln, was genau Eure Befehle sind und was wir für Alternativen finden könnten."

Fromund war schockiert darüber, was er soeben erfahren hatte. Der Rebelle Malbanks war ohne ordentliche Strafverfolgung hingerichtet worden – das waren ausgezeichnete Nachrichten! In letzter Zeit häuften sich scheinbar die angenehmen Ereignisse, eine durchaus angenehme Entwicklung, wie Fromund befand. Auf den Kopf des Mannes war eine stattliche Prämie ausgesetzt gewessen, was der Norweger natürlich nicht wissen musste. „Nun, dann bitte ich um Verzeihung für dieses Missverständnis.

Vom Tode Rufus Malbanksʼ hatte ich keine Kenntnis. Hat denn auch Euer König vor, sich an der Leiche der irischen Länder gütlich zu tun, wie es seine Vorfahren zu tun pflegten? Oder werdet Ihr wieder abziehen, wenn Eure Schiffe instand gesetzt sind? Wiewohl Euch die Bevölkerung hier gut leiden kann, wir können nicht zulassen, dass der Name Englands durch die Herrschaft Fremder auf seinem Boden beschmutzt wird.“

Fromund überlegte einen Moment. „Hört einmal her, Ragnvald. Es ist ein Kopfgeld auf Malbanks ausgesetzt. Ihr mögt aus anderen Gründen gehandelt haben, aber ich stelle Euch die 3000 Pence zur freien Verfügung, wenn Ihr und Eure Männer Euch zu Magnus gesellt. Das dürfte reichen, um ihn über den Verlust der Steuereinnahmen aus diesem Ort hinwegzutrösten, wonach auch noch genug für Euch selbst übrigbleiben sollte.“