Das nahm Erik dankbar an und verabschiedete sich. Er und seine Männer zogen sich auf sein Schiff zurück und machten, dass sie weg kamen. Er hatte zwar gute Männer verloren, doch den Rest vor dem sicheren Tode bewahrt. Seine Mannschaft war noch einsatzfähig und konnte vielleicht noch ein anderes Schiff überfallen, dass hoffentlich nicht randvoll mit schottischen Kriegern war. Er noch als wichtige Lektion mit, dass der Ausguck bis zum Schluss noch in Korb bleiben sollte, damit man vor solchen Überraschungen gewarnt werden konnte.

Nachdem sich Erik mit seinem Langschiff von den Schotten getrennt hatte, war die Stimmung unter den Männern äusserst niedergeschlagen. Sie hatten viele gute Männer verloren und auch Erik fand nicht den Willen sie wieder aufzumuntern. So suchten sie sich einen Ankerplatz nahe der englischen Küste und verbrachten die Nacht schweigend auf See.
Als der nächste Morgen graute traute der Ausguck seinen Augen zunächst nicht. Es war noch Dunkel und kein Mond schien, leichter Nebel waberte auf dem Wasser, doch er meinte deutlich ein Schiff nicht weit von ihnen zu erkennen. Nach einer kurzen Weile war er sich sicher. Da fuhr gerade ein Schiff nach Westen. Da er keinen Lärm machen wollte, verständigte er sich mit dem Steuermann (das Steuer musste ja durchgehend besetzt sein) Erik zu wecken. Als dieser die Kunde vernahm beriet er sich mit Blick auf das Schiff mit dem Steuermann.
"Die Schotten können es ja nicht sein, die kamen aus dem Westen und sind nach Schottland gefahren. Es war viel zu wenig Wind, als dass sie uns wieder hätten einholen können."
"Dazu scheinen sie nicht auf einen Kampf aus zu sein. Wenn ich das richtig sehe, haben sie uns noch nicht einmal bemerkt, da wie weder den Kurs geändert, noch Alarm geschlagen haben. Die Flagge kann ich allerdings nicht erkennen."
"Nach dem Unglück gestern steht uns schließlich auch wieder ein bisschen Glück zu, oder meinst du nicht?"
Der Steuermann grinste zur Bestätigung.
Leise machte Erik seine Männer bereit und versuchte möglichst geräuschlos an das andere Schiff heranzukommen. Offenbar war deren Ausguck eingeschlafen, denn spätestens jetzt hätte man sie nicht mehr für eine kleine Insel oder Felsen im Meer halten können. Sie gingen längsseits und enterten genauso wie am Tag zuvor, nur das hier ihnen kein Widerstand entgegengebracht wurde. Der Steuermann schrie zwar auf, als er ihrer gewahr wurde, doch erhoben nun Erik und seine Männer ebenfalls lautes Gebrüll und verursachten Panik unter der Mannschaft des Schiffes. Der Kampf war nur von kurzer Dauer. Die wenigen Männer, die sich wehrten wurden nieder gemacht. Jetzt wurde auch klar, dass sie ein irisches Schiff gekapert hatten.
Erik, der ein wenig Irisch konnte fragte selbst:"Wer ist euer Kapitän?"

Eriks Zorn erhob sich ob dieser frechen Aussage des jungen Kapitäns. Seine Antwort war schneidend kalt wie der Nordwind:"Damit habt ihr euer eigenes Todesurteil gesprochen! Denn jetzt werden wir dafür Sorge tragen, dass niemand mehr übrig bleibt, um eurem König davon berichten zu können!"
Zu seinen Männern:"Tötet sie alle bis auf die Jungen. Anschliessend verbrennt das Schiff!"
"Was hast du mit den Jungen vor?" fragte der Steuermann.
"Wenn die Gerüchte über die Mienen stimmen, brauchen sie junge und kräftige Arbeiter dort und wir haben welche."
Seine Männer taten wie gehießen und erschlugen alle Menschen auf dem Schiff, bis auf eine Handvoll Jugendlicher, die sie fesselten und mit der gemachten Beute auf das Langschiff verfrachteten. Den Leichen nahmen sie nur Geld, aber keinen Schmuck ab. Danach zündeten sie das Schiff an mehreren Stellen an und bestiegen das Langschiff. Sie warteten noch etwas ab, bis das Schiff in Vollbrand stand und ruderten langsam davon. Erst als der Ausguck meldete, dass das Schiff sank, ließ Erik schneller Fahrt aufnehmen. Ohne einem anderen Schiff an diesem Tage zu begegnen fuhren sie nach Süden, nach Man.

Henry war alleine in seinen Gemächern im Landgut bei Oxford - in der Stadt hatte er es nicht länger aufgehalten - und bereitete sich für den Aufbruch nach Lancaster vor, als ihn eine Welle des Zorns überfeil. Diese verdammten Iren hatten tatsächlich gewagt, die Macht Englands auf solch dreiste Weise herauszufordern! Sein Vertrauter, Maurice FitzGerald, hatte - ob zu Recht oder nicht - das Vertrauen der übrigen Barone eingebüsst und würde ausgetauscht werden müssen. Seine Armee hatte viele gute Männer verloren, auch sie würden nicht leicht zu ersetzen sein.
Er versuchte sich mit dem Gedanken an die drakonischen Strafen zu beruhigen, die die Rädelsführern dieses Aufstandes verdienten, doch die Wut kochte erneut in ihm hoch. Aufgebracht ergriff er einen leeren Tonkrug vom Tisch und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Kurz darauf blickte ein besorgter Diener in die Kammer.
"Herr, ist alles in Ordnung?" "Putz' das auf - und kein Wort davon an niemanden!"

Die Schlacht nahe Downpatrick

Fromund le Brun erwachte mitten in der Nacht aus seinem unruhigen Schlaf. Das Gespräch mit dem Rebellenführer war überhaupt nicht so verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Irritiert stellte er fest, dass da noch etwas anderes war, das ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Er spürte die Anwesenheit eines Anderen in seinem Zelt. Als Kanzler war er darin geschult, Schritte, Gerüche und gar den Atem der Menschen zu kennen, und keines davon kam ihm bekannt vor. Das leise Klirren eines Kettenhemds versetzte ihn in einen hellwachen Zustand. Lautlos packte er das Messer, das am Kopfende seines Feldbetts lag, und hielt seinen Arm leicht abgewinkelt, aber voll angespannt, um ihn dem Eindringling in den Hals zu rammen, sobald er zu nahe kam. Der Fremde ertastete seine Füsse und zog die Hände dann zurück - zweifellos, um selbst nach einer Waffe zu greifen, doch dazu kam es nicht mehr. Fromund sprang auf und stach in die Richtung der Atemgeräusche. Ein erschrockenes Gurgeln war der einzige Laut, den der andere noch von sich gab, bevor er tot zu Boden sank und mit einem Rasseln aufschlug.
Rasch riss Fromund dem Toten das Panzerhemd vom Leibe, streifte es sich umständlich über und schlug die Zeltplane vorsichtig beiseite, um sich einen Überblick über das Geschehen zu verschaffen. Im Mondschein sah er Bewaffnete umgehen und hörte, wie sie einander auf Irisch Befehle zuraunten. Da Fromund als Geistlicher bis auf das Messer keine weiteren Waffen besaß, zog er den Angreifer bis auf seine Tunika aus. Er legte Handschuhe, Helm und Stiefel an, die ihm erstaunlich gut passten, und verließ das Zelt.
Gerade lief ein irischer Soldat an ihm vorbei, von der Mitte des Lagers drangen inzwischen gedämpfte Kampfgeräusche zu ihm. In Sekundenschnelle packte er den Krieger und stach mit dem Messer genau zwischen seinen Augen zu. Der Ire war so überrascht gewesen, dass er es versäumt hatte, zu schreien. Fromund schafte es, sich zu dem Teil des Lagers durch zuschlagen, wo die Vorhut lagerte. Die Iren waren noch nicht hier angekommen, selbst die Kampfgeräusche waren kaum zu hören. Vor der Standarte im südöstlichen Lagerabschnitt holte er sein Horn aus der Tasche, die er sich hastig um geschlungen hatte, und blies Alarm. Fünf grausame Sekunden lang herrschte Totenstille, dann stießen die Iren einen lauten Kampfschrei aus. Der Lärm kam schnell näher und aus den Zelten erschienen halb angekleidete Engländer, die ihre Waffen fest gepackt hatten und entschlossen dahin eilten, wo die Geräusche herkamen.
Die erste Welle wurde direkt abgeschlachtet, ohne irgendwelche Gegenwehr leisten zu können.
Finn Ó Cinnéide war schon länger wach, da er erwartet hatte, dass die Iren durch ihre Kenntnis der Umgebung schon viel schneller als erwartet das englische Lager erreichen könnten. Er wusste um die Nachlässigkeit der Wachmannschaften. Zwar hatte er beabsichtigt, die Engländer bei der erstbesten Gelegenheit zu verraten. Doch als er das Zelt verliess und auf eine Gruppe von vier Iren zuging, wobei er ihnen versicherte, er stehe auf ihrer Seite, lachten die Krieger und griffen ihn an. Erschrocken stolperte er zurück in Richtung seines Zelts.
Fromund, der vom Platz herbei gelaufen war, auf dem die englische Standarte wehte, erkannte, dass eine Verfolgungsjagd im Gange war. So leise er konnte rannte er den Iren nach und warf aus wenigen Schritten Entfernung sein Messer nach dem linken. Der Wurf traf, während der Nebenmann des Soldaten weiter lief. Die Leiche kippte nach vorne um, und Fromund hielt an, um den Dolch herauszuziehen. Der andere hatte inzwischen kehrt gemacht um kam mit erhobenem Schwert auf Fromund zu, der ihm geschickt auswich und zugleich ein Bein stellte. Auch er machte Bekanntschaft mit Fromunds Messer. Dieser nahm das Schwer an sich und lief den verbliebenen Iren nach. Soeben hatten sie den Verfolgten zwischen zwei Zelten eingekeilt.Finn unternahm einen verzweifelten Versuch, auszubrechen. Er warf einen der Iren um, geriet jedoch selbst ins Straucheln. Gerade als sich der andere Kämpfer auf ihn werfen wollte, traf ihn Fromunds Messer zwischen die Rippen.
Finn wandte sich an seinen Retter, der über dem sich krümmenden Iren hervortrat und ihm gleichzeitig das Schwert durch die Brust stieß. "Ihr solltet wissen, dass ich kurz davor war, euch englischen Schweine zu verraten! Diese Nacht hat mich zu erkennen gelehrt, dass meine Landsleute die grösseren Schweine sind."
"Mir ist es egal, ob ihr Ire seid oder Engländer, Schotte oder Waliser oder sogar Norweger - ihr seid ein Geschöpf des Herrn, ein Mensch, der sich hier mit mir im Lager befindet und es deshalb wert ist, gerettet zu werden."
"Dann versichere ich Euch persönlich meine unverbrüchliche Treue, Euch, dem einzigen Engländer, der Ehre im Leib trägt."
"Tut nicht etwas, das ihr später bereuen könntet."
"Ganz wie Ihr wünscht."
In Gedanken schwor sich Finn, dass er seine Schuld bezahlen würde, koste es, was es wolle.
"Ich bin der Anführer der Gallowglass-Krieger, die vom Justiciar für den Angriff auf Downpatrick angeworben wurden. Wir haben alle zusammen geplant, Euch zu verraten, aber wenn wir diese Nacht lebend überstehen, kann ich sie überzeugen, Euch zu helfen. Es sei den, Ihr wolltet uns wegen Verrats verhaften."
"Wir werden nicht in der Lage sein, irgendwen nach der Schlacht zu verhaften, da wir sie verlieren werden. Lasst uns sicherstellen, dass zumindest wir, wie Ihr sagt, lebendig hier rauskommen."
Die Engländer leisteten tapfer Widerstand, und als Finn seine Truppen gesammelt hatte und auf dem Standartenplatz einer Kompanie Speerträger zu Hilfe eilte, schlachteten sie die Iren gnadenlos ab.Sobald sie sich etwas Luft verschafft hatten, befahl Fromund seinen Leuten, das Lager sofort zu verlassen. Seit einer halben Stunde hatten die Speerträger keine anderen englischen Truppen mehr gesehen. Während sie das Lager verließen, gesellten sich einige Ritter zu ihnen, die sich zusammen durchgekämpft hatten. Daraufhin bat Fromund die Speerträger, sich einzeln zu entfernen, während sich die Gallowglass-Krieger mit den Rittern und Fromund durch die irischen Reihen zurückzogen. Eine so starke Einheit belästigte niemand, zumal Finn ausgab, die englischen Adligen gefangen zu haben. So erreichten sie ungestört die Furt über den Newry River.